Fremd-FK-Adapter

Der vorliegende technische Lösungsvorschlag betrifft eine Anpassvorrichtung, die einen Verschuss von Flugkörpern von einem nicht für diesen Flugkörper entwickelten Startgerät erlaubt.

Fremd-FK-Adapter Fremd-FK-Adapter

Technischer Lösungsvorschlag B2023-008
Unternehmenseinheit: Diehl Defence GmbH & Co. KG

Einleitung

Der vorliegende technische Lösungsvorschlag betrifft eine Anpassvorrichtung, die einen Verschuss von Flugkörpern von einem nicht für diesen Flugkörper entwickelten Startgerät erlaubt.

Problem

Üblicherweise existiert für jeden Typ eines Flugkörpers ein an diesen Typ angepasstes Startgerät, das speziell für diesen Typ entwickelt wurde. Das Startgerät wiederum ist entsprechend in Bezug auf mechanische und elektronische Schnittstellen an die Plattform angepasst, für welche es entwickelt wurde. Anders ausgedrückt: Die drei Komponenten Plattform, Startgerät und Flugkörper sind bzgl. mechanischer Verbindbarkeit und Datenaustausch aufeinander abgestimmt. Ein kurzfristiger Ersatz oder Austausch einer der drei Komponenten durch eine neue, anders ausgelegte Komponente ist in der Regel nicht ohne Weiteres möglich, sondern ist mit hardware- und softwaretechnischen Anpassungen an den anderen Komponenten verbunden.

Bisherige Lösungsansätze

Aus der EP 2 053 480 A2 ist eine Vorrichtung bekannt, um von einer militärischen Plattform Flugkörper verschiessen zu können, die nicht ursprünglich für diese militärische Plattform entwickelt wurden oder vorgesehen waren, d. h. also einen anderen Typ von Flugkörpern. Hierfür umfasst die Vorrichtung in Form eines Luftfahrzeugs oder eines land- oder wassergestützten Fahrzeugs eine Steuereinheit, welche eine erste Schnittstelle und ein Display aufweist, und eine Haltevorrichtung für den oder die Flugkörper mit einer zweiten Schnittstelle. Die zweite Schnittstelle ist dabei so konfiguriert, dass sie mit der ersten Schnittstelle über ein erstes Protokoll und mit den Flugkörpern über ein zweites Protokoll kommunizieren kann. Hierfür umfasst die Haltevorrichtung einen Emulator, der eine Kommunikation des ersten Protokolls in eine Kommunikation des zweiten Protokolls umwandeln kann und umgekehrt. Die Vorrichtung umfasst eine Abschussvorrichtung bzw. einen Launcher, der für den Abschuss der ursprünglich vorgesehenen Flugkörper eingerichtet ist. Damit der andere Typ von Flugkörpern mittels der Vorrichtung verschiessbar ist, ist die Haltevorrichtung so konstruiert, dass sie an den Launcher für die ursprünglich vorgesehenen Flugkörper montierbar ist.

Aufgabe

Aufgabe des technischen Lösungsvorschlags ist es, eine Anpassvorrichtung anzugeben, mittels welcher auf einfache Weise, insbesondere kurzfristig, anstelle der originär für eine militärische Plattform vorgesehenen Flugkörper auch Fremdflugkörper bzw. Flugkörper eines anderen Typs verschossen werden können.

Lösung

Der technische Lösungsvorschlag schlägt hierfür eine Anpassvorrichtung vor, welche zur Anordnung zwischen einem für bestimmte Flugkörper konkret entwickelten Startgerät und zumindest einem zu verschiessenden Fremdflugkörper eingerichtet ist.

Die Anpassvorrichtung umfasst eine Anpasselektronik zur Ermöglichung eines, insbesondere bidirektionalen Datenaustauschs, zwischen Startgerät und Fremdflugkörper. Startgeräteseitig stellt die Anpasselektronik datentechnisch eine Schnittstelle für den originären Flugkörper, der für den Betrieb mit diesem Startgerät vorgesehen ist, zur Verfügung, um dem Startgerät das Vorhandensein seines originären Flugkörpers zu vermitteln. Fremdflugkörperseitig stellt die Anpasselektronik datentechnisch eine Schnittstelle für ein Startgerät zur Verfügung, welches für den Fremdflugkörper entwickelt wurde, um dem Fremdflugkörper das Vorhandensein seines originären Startgeräts zu vermitteln. Dadurch kann die Anpasselektronik aus dem Datenverkehr mit dem Startgerät die Informationen ableiten, um sich selbst gegenüber dem Fremdflugkörper als dessen Startgerät auszugeben und so diesen betreiben und verschiessen zu können.

Kritische softwaretechnische und/oder hardwaretechnische Eingriffe bzw. Anpassungen in der datentechnischen Kommunikation zwischen Plattform und Startgerät können hierdurch vermieden werden. Auch am Startgerät selbst sind keine Eingriffe erforderlich. Es muss quasi nur die Anpassvorrichtung zwischen Startgerät und Fremdflugkörper „geschaltet“ werden, um Fremdflugkörper verschiessen zu können.

Der technische Lösungsvorschlag geht von der Erkenntnis aus, dass hierdurch eine Kostenersparnis erreichbar ist, da das Startgerät in einer Doppelrolle einsetzbar ist: So wie ursprünglich vorgesehen im Zusammenspiel mit dem bzw. den hierfür originär vorgesehenen Flugkörpern, jedoch auch im Zusammenspiel mit einem bzw. mehreren Fremdflugkörpern.

Der technische Lösungsvorschlag geht zudem von der Überlegung aus, dass es in einem Konfliktfall entscheidend sein kann, über eine hohe Verfügbarkeit von Munition bzw. Flugkörpern kurzfristig an einem Einsatzort befinden zu können. Die Anpassvorrichtung gemäß Lösungsvorschlag erlaubt es, an einem Startgerät alternativ zu dem originär für dieses Startgerät vorgesehenen Flugkörper auch einen Fremdflugkörper betreiben zu können, wodurch die Verfügbarkeit von Munition erhöhbar ist.

Der technische Lösungsvorschlag ermöglicht es, dass mittels eines mit der Anpassungsvorrichtung in Verbindung stehenden Startgeräts sowohl Kurzstrecken-Luftabwehrfähigkeit (SHORAD short range air defence) als auch Mittelstrecken-Luftabwehrfähigkeit (MRAD mid range air defence) durch die Einsatzmöglichkeit unterschiedlicher Flugkörpertypen je nach vom Kunden gewünschten Einsatzprofil – sogar kurzfristig – einstellbar ist.

Zweckmäßigerweise verfügt die Anpasselektronik startgeräteseitig über einen Emulator, welcher dem originären Startgerät das Vorhandsein eines originären Flugkörpers emuliert, und flugkörperseitig über einen Emulator, welcher dem Fremdflugkörper das Vorhandensein seines originären Startgeräts emuliert. Zwischen den Emulatoren ist ein Protokollumsetzer vorhanden, um die bidirektionalen Datenströme zwischen originärem Startgerät und Fremdflugkörper in die jeweils erforderlichen Datenprotokolle – z.B. Ethernet / MIL-Bus – zu konvertieren. Weiterhin dienen die Emulatoren dazu, diskrete Signale, die sowohl vom originären Flugkörper als auch vom Fremdflugkörper benötigt werden, in für den Betrieb des jeweiligen Partners erforderlichen Signalstärke zur Verfügung zu stellen, bzw. diskrete Signale, die vom Startgerät seitens des originären Flugkörpers benötigt, aber vom Fremdflugkörper nicht geliefert werden, zum für das Startgerät passenden Zeitpunkt zu emulieren, bzw. diskrete Signale, die vom Fremdflugkörper benötigt, aber vom Startgerät nicht geliefert werden, zum für den Fremdflugkörper passenden Zeitpunkt zu emulieren. Diskrete Signale, deren Verwendung am Startgerät bzw. am Fremdflugkörper identisch und damit kompatibel ist, werden über die Emulatoren und den Protokollumsetzer unverändert durchgeschleift.

Die Anpassvorrichtung umfasst praktischerweise ein Verbindungsstück, mit welchem die Anpassvorrichtung mechanisch an das Startgerät fixierbar ist. Bei dem Verbindungsstück kann es sich beispielsweise um eine Adapterplatte handeln. Geschickterweise ist das Verbindungsstück mit einer strahlablenkenden Vorrichtung ausgestattet, um Beschädigungen des Startgeräts bei einem Verschuss eines Fremdflugkörpers durch Abgase zu vermeiden.

Ausführungsbeispiele

Konkret kann die Anpassvorrichtung 2 beispielsweise verwendet werden, um einen Flugkörpertyp mit einer im Vergleich zu einem anderen Flugkörpertyp unterschiedlichen, z. B. geringeren Reichweite vom gleichen Startgerät 8 verschiessen zu können – oder anders ausgedrückt: Durch Verwendung der Anpassvorrichtung 2 ist es möglich, anstelle des originären Flugkörpers 4 einen Fremdflugkörper 6 von dem für den originären Flugkörper 4 entwickelten Startgerät 8 verschiessen zu können. In Figur 1a ist ein Startgerät 8 in Form eines IRIS-T SLM Startgeräts gezeigt, welches mit den hierfür bestimmten, in Kanistern befindlichen, originären Flugkörpern 4, den IRIS-T SLM Flugkörpern, bestückt ist. Figur 1b hingegen zeigt das IRIS-T SLM Startgerät, welches unter Zwischenschaltung der Anpassvorrichtung 2 mit Fremdflugkörpern 6 in Form von IRIS-T SLS Flugkörpern bestückt ist, welche eine im Vergleich zu den IRIS-T SLM Flugkörpern kürzere Reichweite aufweisen und üblicherweise von dem hierzu zugehörigen IRIS-T SLS Startgerät verschossen werden. Die gezeigte Anpassvorrichtung 2 umfasst eine Adapterplatte 3 die zur Montage an das Startgerät 8 eingerichtet ist. Zudem umfasst die Adapterplatte 3 einen Strahlablenker 3a, um das Startgerät 8 vor dem bzw. den Abgasstrahlen eines startenden Fremdflugkörpers 6 vom Typ IRIS-T SLS zu schützen. Weiterhin umfasst die Anpassvorrichtung 2 eine Anpasselektronik 5 zur Ermöglichung der Kommunikation zwischen Startgerät 8 und Fremdflugkörper 6 vom Typ IRIS-T SLS.

Das in Figur 2 gezeigte Blockschaltbild verdeutlicht das Zusammenspiel der mechanischen und elektronischen Schnittstellen der beteiligten Komponenten, Startgerät 8, Anpassvorrichtung 2 und Fremdflugkörper 6. Über mechanische Schnittstellen 10, 11 ist die Anpassvorrichtung 2 jeweils mit der korrespondierenden mechanischen Schnittstelle 12 des Startgeräts 8 bzw. der korrespondierenden mechanischen Schnittstelle 13 des Fremdflugkörpers 6 verbunden. Die mechanischen Schnittstellen 10, 12 sind so ausgebildet, dass sie kompatibel zu den am Startgerät 8 bzw. Fremdflugkörper 6 vorgesehenen Schnittstellen12, 13 sind.

Weiterhin verfügt die Anpassvorrichtung 2 über eine Durchführungsmöglichkeit 14 von Druckluft vom Startgerät 8 zu den Fremdflugkörpern 6. Dies ist erforderlich, wenn es sich beispielsweise um Fremdflugkörper handelt, die mit einem optischen Suchkopf ausgestattet sind, bei welchen der zugehörige Detektor eine entsprechende Kühlung für den Betrieb benötigt. Die nicht näher dargestellte Durchführungsmöglichkeit weist eine Gasleitung mit entsprechend ausgestalteten Anschlussstücken zum Anschluss an die entsprechenden Gegenstücke am Startgerät 8 bzw. Fremdflugkörper 6 auf. Zusätzlich weist die Anpassvorrichtung 2 einen Stromwandler 19 auf, um die erforderliche Spannungsversorgung für den Fremdflugkörper 6 zur Verfügung zu stellen.

Für einen bidirektionalen Datenaustausch weist die Anpassvorrichtung 2 eine Anpasselektronik 5 mit entsprechenden Datenschnittstellen 15, 16 auf, die über entsprechende Anschlusskabel mit der startgeräteseitigen bzw. fremdflugkörperseitigen Datenschnittstelle 17, 18 verbindbar sind. Die Anpasselektronik 5 weist startgeräteseitig einen Emulator 20 auf, welcher den originär für das Startgerät 8 vorgesehenen Flugkörper 4 emuliert, und flugkörperseitig einen Emulator 22 auf, welcher das für den Fremdflugkörper 6 originär vorgesehene Startgerät emuliert. Zwischen den Emulatoren 20, 22 befindet sich ein Protokollumsetzer 26, welcher einen vom Startgerät 8 stammenden Datenstrom D1 gemäß einem Datenübertragungsprotokoll P1, nachdem dieser den Emulator 20 passiert hat, in ein Datenübertragungsprotokoll P2 konvertiert, so dass der Fremdflugkörper 6 nach Passieren des Emulators 22 einen Datenstrom D2 empfängt, wie er ihn auch erhalten würde, wenn er mit seinem originären Startgerät verbunden wäre. Anders ausgedrückt: Aus dem Datenverkehr mit dem originären Startgerät 8 leitet die Anpasselektronik 5 die Informationen ab, um sich selbst gegenüber dem Fremdflugkörper 6 als dessen eigentliches, originäres Startgerät auszugeben, um so den Fremdflugkörper 6 betreiben und verschiessen zu können. Dem Startgerät 8 wird sein originärer Flugkörper über den Emulator 20 emuliert, dem Fremdflugkörper 6 wird sein originäres Startgerät - oder anders gesagt Fremdstartgerät - über den Emulator 22 emuliert. Der Datenverkehr in Richtung vom Fremdflugkörper 6 über die Anpasselektronik 5 zum Startgerät 8 erfolgt analog, hier sorgt der Protokollumsetzer 26 für die Konversion eines Datenstroms D2 in einem Datenübertragungsprotokoll P2 in einen Datenstrom D1 in einem Datenübertragungsprotokoll P1. Auf diese Weise können beispielsweise Zielkoordinaten eines Ziels, welches der Fremdflugkörper 6 treffen soll, welche startgeräteseitig in einem auf den originären Flugkörper abgestimmten Format vorliegen, mittels des Protokollumsetzers 26 und des Emulators 22 in das vom Fremdflugkörper 6 verwendete bzw. benötigte Format für Zielkoordinaten umgewandelt und dem Fremdflugkörper 6 zur Verfügung gestellt werden.

Zur Übertragung diskreter Signale, wie z.B. eines Zündsignals, eines Freigabesignals oder eines Prüfsignals, welche vom Fremdflugkörper 6 für den ordnungsgemäßen Betrieb oder welche vom Startgerät 8 als Rückmeldung für die Veranlassung der nachfolgenden Schritte benötigt werden, verfügt die Anpassvorrichtung 2 startgeräteseitig als auch flugkörperseitig über entsprechende elektrische Anschlüsse 24, 25, die über entsprechende Leitungen mit Startgerät 8 bzw. Fremdflugkörper 6 verbindbar sind. Es sind hier drei Fälle unterscheidbar.

  1. Verwenden Startgerät 8 und Fremdflugkörper 6 ein diskretes Signal in derselben Art und Weise, kann es einfach über die Schnittstellen 24, 25 der Emulatoren 20, 22 durchgeschleift werden, das diskrete Signal ist kompatibel. Im konkreten Fall trifft das z.B. auf das Zündsignal zu.
     
  2. Benötigen Startgerät 8 oder Fremdflugkörper 6 ein diskretes Signal, welches als inkompatibles diskretes Signal auf der anderen Seite vorliegt, ist es die Aufgabe der Anpasselektronik 5 Kompatibilität herzustellen und z.B. den Pegel an die Notwendigkeit der empfangenden Einheit Startgerät 8 oder Fremdflugkörper 6 anzupassen.
     
  3. Benötigen Startgerät 8 und Fremdflugkörper 6 ein diskretes Signal, welches nicht auf der anderen Seite vorliegt, so sorgen die Emulatoren 20, 22, dafür, dass es erzeugt wird. Konkret sorgt der Emulator 20 beispielsweise dafür, dass dem Startgerät 8 „signalisiert“ wird, dass ein Kanisterdeckel zum Flugkörperverschuss geöffnet ist, obwohl der Fremdflugkörper 6 nicht in einem Kanister mit Kanisterdeckel gelagert ist.